Mi, 29. Okt 2014
CLUESO
Dieser Text könnte so beginnen: Fünfmal Gold, zweimal Platin, über eine Million verkaufte Tonträger. Thomas Hübner aka Clueso hat mit Lindenberg, Niedecken, Grönemeyer und den Fanta 4 gespielt, zu seinen Konzerten kommen bis zu 15.000 Besucher. Dieser Text könnte aber auch so beginnen: Nach über zehn Jahren im Geschäft hatte Clueso, einer der erfolgreichsten Songwriter seiner Generation, ein Stück weit den Überblick verloren. Über Jahre war er musikalischer Anführer, kreativer Kopf und Leitwolf im zwischenmenschlichen Gefüge seiner Band. Musste immer wissen, wo es langgeht, durfte keine Schwäche zeigen. Doch diese Rolle engte ihn in seinem geistigen Freiraum ein, den er zum Musikmachen zwingend braucht. Man kann es als charmante Eigenschaft von Künstlern interpretieren, wenn sie das Chaos quasi magnetisch anziehen, nur in diesem konkreten Fall blockierte sie Clueso für einen kurzen Moment. der song war einfach da, ohne konzept, ohne plan Irgendwann kam jedoch ein Song. Einfach so, ohne dass er darauf geachtet hatte, was die anderen gerade so machen, welche Styles da draußen gerade angesagt sind. Der Song war ganz einfach da, ohne Konzept und ohne Plan. Ein Befreiungsschlag. Drama raus, Tür auf. Rock, Electro, Blues, Pop, HipHop, alles rein in die Musik. Ausmisten, über den Tellerrand schauen, tradierte Modelle in Frage stellen. Sich Filme fahren. Alte Seile kappen. Alles neu. Und plötzlich war sie wieder da, die Leidenschaft. Das bisschen Schlampige und Rumpelige, aber auch das Zerbrechliche, Echte und Schöne. Sein letztes Album hieß “An und für sich”, erschien 2011 und war das letzte für die Plattenfirma Four Music, bei der Clueso seit Beginn seiner Karriere im Jahr 2000 unter Vertrag stand. Aus dem etablierten System der Musikindustrie auszubrechen, ist kein leichtes Unterfangen, wenn man einmal drin ist. Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte! Clueso wusste: Wenn diese Platte so klingen soll, wie ich sie in meinem Kopf höre, dann muss ich sie auch selbst produzieren und mischen. Der logische letzte Schritt eines jahrelangen Prozesses der Selbstermächtigung. Als Songwriter wollte er sich keinem künstlichen Albumkonzept mehr beugen: “Jeder Song blieb, wie er zur Tür hereinkam.” Clueso selbst spielt auf der Platte u.a. Gitarre, Bass, Klavier, Drums, Moog und allerlei andere Gerätschaften. Im Verlauf der Aufnahmen forschte er zu den Themen Mixing und Recording und experimentierte mit anderen Musikern bis früh in den Morgen, abgeschottet und eingeschlossen, ohne Einfluss von außen. Das Ergebnis ist “Stadtrandlichter“ und erscheint Mitte September.