Wie so oft, wenn es um Internet-Hypes geht, reihen sich bei CRYSTAL CASTLES die vielfältigsten und verquersten Entstehungsmethoden aneinander. Nichts Genaues weiß man nicht, nur, dass die Karriere des Torontoer Duos um Cheffrickler Ethan Kath und die passionierte Schreihälsin Alice Glass mehr oder weniger zufällig ins Laufen kam, als ein Studio-Übungs-Track der Band 2005 übers Web das Licht der Öffentlichkeit erblickt. So zumindest lautet Ethan Kaths persönliche Schöpfungslegende. Ob man dieser Glauben schenken kann, bleibt jedoch eher fraglich, lässt sich der Elektro-Instrumentalist doch gerne mal in Interviews von einem Kumpel vertreten, der sich für ihn ausgibt. Aber vielleicht ist ja auch das nur ein obskurer Gag.

Ende Mai 2010 erschien ihr aktuelles – von Kritikern hoch gelobtes – Album CRYSTAL CASTLES (II) und im November beehrt das Duo im Rahmen der Album-Tour das Wiener Flex. CRYSTAL CASTLES wollen stets beides – die naive und neonfarbene Spielerei am Keyboard und das gewaltvoll orchestrierte Drama der Zerstörung. Damit finden sie vorläufig eine angemessene Antwort auf äußere Originalitätsanspräche. Ihr glühender Energypop bleibt laut und wild, chiffriert in Unheilverkündigung und Kitsch. Damit positioniert sich das Duo unmittelbar am Wegekreuz von authentizistischem Chaos und betont artifizieller Gefühlsäußerung.

Die Auftritte der CRYSTAL CASTLES spalten wie wenige die Meinung der Besucher: Ist das jetzt prätentiöses Elektro-Gelärme, das der ohnehin schmalen Stimme von Alice keine Chance lässt, oder ist es entscheidender, dass Miss Glass sich auf der Bühne regelmäßig komplett selbst verliert, austickt und ausgiebig stagedived. Ein Ereignis sind die Performances der CRYSTAL CASTLES in jedem Fall, wie das Duo auch schon 2009 bei ihrem Live-Auftritt im Rahmen des FM4 Frequency Festivals bewiesen haben.